In der Neuen Zürcher Zeitung vom 25. September findet sich wahrlich Ungeheuerliches: Ein auf Zigarren spezialisiertes Geschäft verlost ein letztes Mal eine 25er-Kiste feinster Zigarren, die einst exklusiv für Fidel Castro und seine Compañeros hergestellt wurden. Doch das wahre Drama findet sich im Titel des Inserates: «SCHON BALD VERBOTEN» – das Gesetz «schränkt die Werbefreiheit unserer Branche weiter ein».
Das neue Tabakproduktegesetz: Was ist geschehen?
Am 1. Oktober 2024 tritt das neue Tabakproduktegesetz in Kraft, und damit wird es verboten sein, Zigarren als Geschenk oder Preis unters Volk zu bringen. Es ist also nicht die Dreistigkeit des Geschäfts, sondern das «strenge» Gesetz, das nun Schluss macht mit dieser Freizügigkeit in Sachen Zigarren.
Die Rolle der Schweizer Tabaklobby
Hat die Schweizer Tabaklobby komplett versagt? Keineswegs! Die Schweiz steht im Tobacco Control Scale 2023 aus Sicht der Tabaklobby auf einem beneidenswerten zweiten Platz, knapp geschlagen von der Dominikanischen Republik. Von 90 Ländern gibt es also nur eines, das noch weniger Tabakkontrollmassnahmen kennt. Steigt die Schweiz nun in die Top Ten und wird zum Schreckgespenst der Tabakindustrie? Wohl kaum.
Neue Vorschriften und deren Auswirkungen
Obwohl neue Vorschriften wie das Abgabeverbot an unter 18-Jährige (ja, das ist neu!) und verschiedene Werbeeinschränkungen eingeführt werden, darf die Lobby frohlocken. Die Regulierung bleibt gemessen an internationalen Standards weiterhin zahm. Verboten sind zwar neu in allen Kantonen Plakatwerbung, Werbung in den Kinos, im ÖV, in öffentlichen Gebäuden, auf Sportplätzen und Sportveranstaltungen. Aber der Einfluss der Tabaklobby bleibt erkennbar und die Schweiz wird auch in der nächsten Zukunft auf den hinteren Plätzen in der Tabakregulierung zu finden sein:
- Online- und Printwerbung für Nikotinprodukte bleibt im bisherigen Umfang erlaubt.
- Promotionsaktionen, eine der wirksamsten Werbeformen, bleiben grundsätzlich erlaubt.
- Das Sponsoringverbot gilt nur für Veranstaltungen mit «internationalem» Charakter, nicht aber für nationale und regionale Events.
- Menthol und andere suchtverstärkende Zusatzstoffe bleiben in der Schweiz erlaubt.
E-Zigaretten im Fokus
Die gute Nachricht ist, dass E-Zigaretten den Tabakprodukten gleichgestellt werden. Das bedeutet, dass dort, wo heute bereits ein Rauchverbot gilt, dieses neu auch für erhitzte Produkte und elektronische Zigaretten gelten wird. Wir haben dies übrigens in unserer FTGS-Rauchfreisignaletik schon seit längerem berücksichtigt. So findet sich auf dem Signet, welches den Raucherplatz kennzeichnet, auch die E-Zigarette abgebildet.
Ausblick: Hoffnungen und Initiativen
Ansonsten bleibt die Hoffnung auf die strikte Umsetzung der angenommenen Volksinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung». Das Parlament konnte sich bislang allerdings noch nicht zu einer verfassungskonformen Umsetzung der Volksinitiative durchringen.
Es bleibt aber zu hoffen, dass das Tabakgeschäft schon bald ein neues Inserat gestaltet mit dem Titel: «SCHON BALD VERBOTEN – unser letztes Inserat für Zigarren». Das würde mir dann tatsächlich Freude bereiten.
Dr. Marcel Krebs, FTGS Vorstand