Innovative Ansätze: Ein Gespräch mit Janine Schmutz über Ihre Arbeit als Gesundheitscoach

In der Welt des Gesundheitswesens wird es immer wichtiger, präventiv tätig zu werden und innovative Ansätze zur Gesundheitsförderung und der Tabakentwöhnung zu fördern. In diesem Beitrag sprechen wir mit Janine Schmutz, einer engagierten Expertin aus der hausärztlichen Praxis, die uns einen Einblick in ihre Arbeit, ihre Erfahrungen und Herausforderungen gibt.

Im Gesundheitswesen sind innovative Ideen zu Gesundheitsförderung und Prävention essenziell. Wie bist du in diesen Bereich hineingekommen?

Ursprünglich habe ich als Pharmaassistentin gearbeitet. Währenddessen entdeckte ich mein Interesse für Gesundheitsförderung und begann 2018 ein Studium in diesem Bereich. Nach meinem Studium half ich zunächst einer Kollegin in ihrer Apotheke während der Corona-Zeit. Danach ergab sich die Möglichkeit als Gesundheitsförderin in der Hausarztpraxis Huttwil in Teilzeit zu arbeiten.

In dieser Hausarztpraxis eröffnete sich ein neues Projekt, das speziell für Diabetiker*innen gedacht war, mit einer App zur Überwachung des Blutzuckers. Ich war verantwortlich für das Onboarding der Patienten auf die App und konnte ihnen bei Fragen zur Seite stehen.

Zusätzlich nahm ich an einer Weiterbildung zum Personal Health Coach an der Universität Basel teil. Diese Ausbildung ermöglichte es mir, als Gesundheitscoach in der Praxis noch aktiver zu werden. So konnte ich die Lebensweise meiner Patient*innen  ganzheitlich betrachten und sie individuell unterstützen, gesündere Verhaltensweisen zu entwickeln. Wir arbeiten in der Praxis mit einem Chronic Care Management.

Was genau heisst das?

Das Chronic Care Management (CCM) meint die Betreuung chronisch kranker Personen. Wir unterstützen also Patient*innen bei der Bewältigung und im Selbstmanagement ihrer chronischen Erkrankungen wie z.B. Diabetes durch eine langfristige, koordinierte Gesundheitsversorgung von einem interprofessionellen, proaktiven Team. Damit erreichen wir eine höhere Patientenzufriedenheit und höhere Behandlungsqualität.

Bedeutet das auch, dass ihr aktiv das Thema Rauchstopp bei diesen Patientengruppen ansprecht?

Ja, genau! Das Thema Rauchstopp ist enorm wichtig. Wir fragen regelmässig nach dem Rauchstatus, führen Kurzinterventionen durch und leiten Patient*innen, die bereit sind, an mich als Gesundheitscoach weiter.

Was ist dann Deine Rolle genau?

Ich arbeite dann individuell mit diesen Patient*innen  und finde heraus, welches Angebot für sie am besten geeignet ist, um ihnen zu helfen, mit dem Rauchen aufzuhören. Hierbei ist es wichtig, dass wir die verfügbaren Unterstützungsangebote gut kennen.

Wie schätzt du den Bedarf an solchen Angeboten ein?

Der Bedarf ist riesig. Oftmals erreichen wir die Menschen nicht, die am dringendsten Unterstützung benötigen, vor allem weil die Gesundheitsförderung häufig nicht von der Grundversicherung übernommen wird. Das macht es für viele Menschen mit einem niedrigen sozioökonomischen Status schwierig, Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Wie sieht der aktuelle Stand der Finanzierung aus?

Leider sind gesundheitsfördernde Lebensstilinterventionen in der Grundversorgung kaum abgedeckt. Das bedeutet, dass Patient*innen, die bei mir eine Beratung in Anspruch nehmen möchten, diese selbst bezahlen müssen. Viele von ihnen können sich das nicht leisten, was dazu führt, dass wir diese wichtige Zielgruppe oft nicht erreichen.

Die Rolle der Hausärzt*innen ist sehr wichtig, sie sind wertvolle Anlaufstellen, um die Patienten zu erreichen. Wie siehst Du das?

Absolut. In der primären Versorgung sind wir in einer optimalen Position, um Menschen zu erreichen. Wir sind die erste Anlaufstelle und können unsere Patient*innen an die richtige Stelle weiterleiten.

Es erfordert Kreativität und Engagement, insbesondere wenn die Finanzierung für Angebote in der Gesundheitsförderung und Nikotinberatung nicht gesichert ist. Daher habt ihr eine Wartezimmerkampagne mit Postern initiiert. Was sind die Ziele und Ideen dieser Kampagne?

Die Idee zur Sensibiliserungskampagne kam uns im Rahmen vom Chronic Care Management (CCM) innerhalb unseres Ärztenetzwerks swissdocs. Unter dem Dach vom CCM haben wir unser Diabetesmanagement aufgebaut und setzen es systematisch und interprofessionell um. Im Diabetesmanagement verfolgen wir die Guideline der SGED, den sogenannten SGED-Score. In dem ist enthalten, dass Diabetiker*innen eben einmal pro Jahr auf ihren Rauchstatus angesprochen werden und von Ärzt*innen eine Kurzintervention erfolgt. Damit Patient*innen ihren Nikotin- und Tabakkonsum auch eher selbst proaktiv anbringen, wollten wir informieren, dass wir auch bei diesem Thema gerne Ansprechpartner*in sind und sie unterstützen können. So werden die Patient*innen positiv für ein rauchfreies Leben angeregt.

Da wir in unserer Hausarztpraxis generell gesundheitsförderliche Lebensstiländerungen unterstützen, passt das sowieso gut.

Ihr habt das FTGS als Kooperation für die Kampagne gewonnen.

Ja, die eine Zusammenarbeit war die Posterkampagne und wir wollten auch, dass die Ärzte in Kurzinterventionen von euch geschult werden. Es ist eine tolle Zusammenarbeit.

Wie zufrieden bist du mit der Kampagne?

Ich bin sehr zufrieden. Manchmal braucht es die richtige Kommunikation, um Patient*innen  auf das Thema Rauchen anzusprechen. Es gab kein negatives Feedback von den Patient*innen, das hat uns gefreut.

Könntest du uns ein Patienten Beispiel deiner Arbeit als Gesundheitscoach nennen?

Ich erinnere mich an einen Patienten, der zu uns kam und wir über die telefonische Beratung von Stop Smoking sprachen. Er kannte den Service nicht, und als ich ihm sagte, dass er kostenlos ist, war ihm sofort klar, dass es die Lösung für ihn darstellt, da er sich eine bezahlte Beratung nicht leisten konnte. Ich überwies ihn anschliessend zu stopsmoking.ch, wo er kontaktiert wurde, und mehrere Beratungsgespräche hatte. Jetzt ist er rauchfrei. Hätten wir nicht auf die kostenlosen Angebote hingewiesen, hätte er wahrscheinlich nicht aufgehört zu rauchen. Das zeigt, wie wichtig es ist, Patient*innen  auf solche Möglichkeiten aufmerksam zu machen.

Hast du noch ein wichtiges Anliegen?

Ich würde mich freuen, wenn in Hausarztpraxen mehr Gesundheitscoaches integriert werden, da Lebensstil-Interventionen die Gesundheitskosten reduzieren können. Damit dies gelingt, müssen auch die Krankenkassen bereit sein, Rückvergütungen für Gesundheitscoaching anzubieten. Einige Zusatzversicherungen tun dies bereits, aber hier besteht noch Potenzial. Gesundheitscoaches sind die einzigen Coaches, die im Erfahrungsmedizinischen Register (EMR) verzeichnet sind. Wenn Zusatzversicherungen mit dem EMR arbeiten, könnte ein Teil der Gesundheitscoachings übernommen werden. Hier gibt es definitiv noch Potenzial.

Weiterführende Informationen:

CAS Personal Health Coach | Weiterbildung (unibas.ch)

Gesundheitscoaching – Espace Health

Kriterien für gutes ‚Disease Management Diabetes‘ (SGED/SGIM) (sgedssed.ch)

Ärztenetzwerks swissdocs.

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